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AbbildungZeche Zollern: Lohnhalle, SchachtgerüstPh: Dieter Wagenknecht

AbbildungZeche Zollern, VerwaltungsgebäudePh: Dieter Wagenknecht

AbbildungDok. Zwangsarbeit im Forst Marburg (nicht im Katalog)Ph: Dieter Wagenknecht

AbbildungAA Gießen: nach Hadamar! (nicht im Katalog)Ph: Dieter Wagenknecht

AbbildungIm Burghof der Burg AltenaPh: Dieter Wagenknecht

AbbildungAltena, Deutsches DrahtmuseumPh: Dieter Wagenknecht

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Erste Eingabe: 22.06.2012
Letzte Eingabe: 16.04.2013

2012, 16. Juni

Exkursion des Oberhessischen Geschichtsvereins nach Dortmund und Hagen
Industriemuseum Zeche Zollern II/IV, Sonderausstellung “Zwangsarbeit...

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Leitung: Karin Bautz und Dr. Carsten Lind.

Ziele der Exkursion waren:
In Dortmund: Industriemuseum Zeche Zollern II/IV sowie die dort gezeigte Sonderausstellung “Zwangsarbeit. Die Deutschen, die Zwangsarbeiter und der Krieg”.
In Altena: Burg und Burgmuseum sowie das “Deutsche Drahtmuseum”

>>> Das Museum Zeche Zollern II/IV

Die im Jahr 1905 fertiggestellte Zeche Zollern II/IV zeichnet sich durch aufwendige Architektur im Stil des Historismus (Backsteingotik) und Jugendstil (Maschinenhaus) aus.
Der Bergbaubetrieb wurde 1966 eingestellt, Der begonnene Abriss wird auf Initiative von Bürgern und Denkmalschützern eingestellt. 1999 wird hier unter dem Namen “Musterzeche” Zollern II/IV - das Museum für Sozial- und Kulturgeschichte des Ruhrbergbaus eröffnet. Die Ausstellung befindet sich in den oberirdischen Gebäuden, die unterirdischen Bereiche der Grube sind nicht mehr zugängig.

>>> Sonderausstellung “Zwangsarbeit...”

Die Ausstellung “Zwangsarbeit...” wurde von der im Jahr 2000 vom Bundestag errichteten Stiftung “Erinnerung, Verantwortung und Zukunft” (EVZ) initiiert und finanziert. Diese Stiftung hatte zunächst die Aufgabe 55 Jahre nach Kriegsende die Anerkennung der Zwangsarbeiter als NS-Opfer zu erarbeiten und die Überlebenden symbolisch zu entschädigen. Nach dem Ende der Auszahlungen 2007 sollte mit diesem Ausstellungsprojekt das staatlich organisierte Verbrechen der Zwangsarbeit in das Bewusstsein der Bevölkerung gerückt werden. Sie ist als internationale Wanderausstellung konzipiert und soll nach Dortmund u.a. in Warschau und Moskau gezeigt werden. Wg. der besonders großen Zahl der Zwangsarbeiter im Bergbau und in der Rüstungsindustrie ist sie in der Bundesrepublik hier im Ruhrgebiet zu sehen.

>>> Die Führungen

Unsere Gruppe wurde geteilt und für beide Teile die angebotene Kombiführung bestehend aus den zwei Teilen Dauerausstellung zur Sozial- und Kulturgeschichte und “Zwangsarbeiter” gewählt. Der Ablauf gestaltete sich in den beiden Gruppen unterschiedlich.
Die eine Gruppe führte Frau Klein, die meinte, deshalb sei auch die Gruppe so klein. Das Spiel mit Personennnamen liebte unsere "Führerin": So machte sie Dr. Lind hartnäckig und wiederholt zum "Dokter Jung", was diesem vielleicht schmeichen sollte.
Fast 1,5 Stunden dauerte der lebendige sozialgeschichtlich orientierte Führungsteil durch die Bergbau-Dauerausstellung.
In der Zwangsarbeiter-Ausstellung fühlte sich die Referentin dagegen sichtlich unwohl. Es gelang in der verbleibenden Zeit nicht richtig, wesentliche Aussagen der Ausstellung an dafür exemplarischen Exponaten zu verdeutlichen. Die Überforderung der Referentin bei diesem Thema zeigte sich auch
in mehrfachen emotionalen Äußerungen ihres Unwohlseins: 'Habe mir dat gestern noch mal angehehen. Es lief mir kalt den Rücken runter' (Zitat nur ungefähr so) oder 'Da hinten dat mit den Kindern!...".
Das führte in unserem Publikum zu entsprechenden "emotionalen" Reaktionen und Debatten, die den Blick auf die harte historische Realität der deutschen Verbrechen etwas erträglicher machten:
'Wir hatten nur wenig Zeit zum Packen' (Thema Vertreibung), 'was der Stalin mit den Kriegsgefangenen gemacht hat', und (ein vielleicht ehemaliger Dienstverpflichteter) wiederholte immer wieder 'Wir war'n ja alle Zwangsarbeiter'. Und ganz aktuell: 'Guck dir doch die Frau in Chile an' (Gemeint war Magot Honneker und ihr Interview in der FAZ im April dieses Jahres). Die Referentin hatte die Tore zum Schwadronieren geöffnet und schwadronierte weit über das Zeitlimit der Führung mit..

Dass das Thema “ Zwangsarbeit” im Führungsbetrieb des Museums stiefmütterlich behandelt wird, zeigte sich ebenso bei der anderen Gruppe. Dort blieb nach dem bergbaulichen Teil nur noch 1/4 Stunde für das heikle Thema der Sonderausstellung und somit keine Chance, die Ausstellung kennen zu lernen.

>>> Der hervorragende Katalog “Zwangsarbeit...”

Eine Möglichkeit sich die Ausstellungsinhalte nachträglich anzueignen bietet der ausgezeichnete Katalog. (“Zwangsarbeit..., Begleitband, Essen 2012) Mit umfangreichem Bildmaterial (Fotos, Archivalien, Karten) und kompakten begleitenden Texten gelingt es den AutorInnen die Ausstellungsinhalte darzustellen und zu illustrieren, allerdings ist nicht alles Ausgestellte im Katalog zu finden.
Im Essay-Teil des Kataloges werden der Forschungsstand, die Forschungslücken und die Geschichte der politischen Auseinandersetzung über die Entschädigung in gut lesbaren Aufsätzen erörtert.

>>> Altena

Die Unmöglichkeit in Museumsnähe in Dortmund eine geeignete Gastronomie für die Mittagspause zu finden, führte zum Programmpunkt Altena, wo in knapper Zeit neben einem umfangreichen Burgmuseum die älteste Jugendherberge Deutschlands (1909) mit ihren martialischen Bettgestellen und moralischen Sinnsprüchen besichtigt und die Strohmatratzen getestet werden konnten.
Die anschließende kompetente ausführliche Führung im “Deutschen Drahtmuseum” machte die technische Entwicklung der Drahtherstellung, die Arbeitsbedingungen der Drahtzieher und die Bedeutung vielfältiger nützlicher und künstlerischer Drahtprodukte in unserem Alltag deutlich.

>>> Perfekte Dramaturgie

Neben der Reisevorbereitung und der Reiseleitung überzeugte auch die perfekte Wetterplanung: sintflutähnliche Niederschläge wurden nur während der Busfahrten inszeniert.

Peter Schlagetter-Bayertz

Kategorie:  Chronologie
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